Nick Mähler: Der Unaufgeregte
Erstellt von compoundbow83 am 05.08.2025 16:59:36 Uhr | Kategorie Adler Mannheim
Unaufgeregt, erwartungsfroh, locker – so sitzt er an jenem Donnerstagmittag Ende Juli am Küchentisch in der Adler-Kabine. Vielleicht ist diese Haltung nur der heutigen Tagesform geschuldet, denn „eigentlich habe ich keine typischen Charakterzüge. Mal bin ich der Laute, Lustige. Mal eher der Zurückhaltende, Ruhige. Manche meiner Freunde behaupten sogar, dass ich am Anfang etwas arrogant wirken kann“, stellt sich Nick Mähler lachend selbst vor. Auf uns wirkt er keinesfalls hochnäsig. Vielmehr aufgeweckt und fast schon routiniert. In der Ausprägung überraschend für uns, denn Nick, bekennender Langschläfer, ist einer von drei letztjährigen Jungadler, die zur kommenden Saison einen Vertrag bei den Adlern unterschrieben haben. Sprich, der erst 19-Jährige steht gerade vor seiner ersten Profisaison, absolviert das Sommertraining neben gestandenen PENNY DEL Profis, neben Olympia-Silbermedaillen-Gewinnern, steht neben der Erfahrung von über 300 NHL-Spielen auf dem Eis.
Vielleicht braucht es in einer solchen Situation aber eben diese abgeklärte Haltung, um vor Nervosität nicht die Segel zu streichen. Wobei Nick nicht der Typ zu sein scheint, der vor irgendetwas davonläuft, dem etwas zu viel ist oder der sich allzu große Sorgen macht. Möglich, dass diese Eigenschaft ein Resultat seiner frühen Jungend ist, denn der im tschechischen Pilsen geborene Verteidiger zog schon früh von Zuhause aus. „Ich bin mit 15 Jahren zunächst ins Sportinternat nach Karlsbad gewechselt, habe dort schnell gelernt, selbstständig für mich zu sorgen“, erinnert Nick sich. 2023 folgte der Wechsel nach Mannheim. Sein deutscher Vater und seine tschechische Mutter wohnen weiter in der tschechischen Heimat.
So ganz ohne familiäre Unterstützung ist Nick aber seit vergangenem Jahr nicht mehr. Sein jüngerer Bruder Maik tat es ihm gleich und wechselte in die U17 der Jungadler. Dennoch ein Werdegang, der einen gewissen Mut und Willen voraussetzt. Sich in jungen Jahren allein in fremden Städten und sogar Ländern durchzusetzen, spricht in jedem Fall für eine gewisse Charakterstärke. Dabei war anfangs nicht zwingend absehbar, dass Nick Eishockeyprofi werden wird. „Ich habe im Alter von sechs Jahren noch viele Sportarten betrieben. Fußball, Eishockey, Leichtathletik, Tennis. Als ich mich irgendwann entscheiden musste, waren meine Eltern der Meinung, dass ich im Eishockey wohl das größte Talent besitze“, war die Wahl nicht wirklich Nicks eigene Entscheidung.
Der Erste seiner Art
Erfahrungen mit Eishockey gab es im Hause Mähler bis dahin nicht. „Niemand hat in der Familie selbst gespielt. Aber meine Eltern wurden schnell Fans, haben mich und meinen Bruder zu 100 Prozent unterstützt, zu den Trainings und Spielen gefahren“, ist Nick dankbar für den bedingungslosen Einsatz seiner Eltern, ohne den es gerade im frühen Nachwuchsalter nicht geht. Dass er als Verteidiger aufläuft, war letztlich auch mehr Pragmatismus als freie Wahl oder die Fortführung einer Familientradition. „In Tachov, meinem Jugendclub, haben sie damals einfach Verteidiger gebraucht“, so Nick achselzuckend, der vor wenigen Monaten sein tschechisches Abitur bestanden hat.
Allerdings interpretiert Nick, der von sich selbst behauptet, einen eigenartigen Musikgeschmack zu haben, der bis auf Rap keine Grenzen kennt, seine Rolle selbst recht offensiv. „Viel zu offensiv, wie ich in den vergangenen Jahren oft gehört habe“, lacht er. „Das muss ich natürlich weiter ausbalancieren.“ Da ist sie wieder, diese angenehme Unbekümmertheit. Eine Sorgenfreiheit, eine einfache Akzeptanz der Dinge. „Dennoch werde ich mich mit meinen läuferischen Fähigkeiten immer gerne ins Spiel nach vorne einschalten und die Stürmer unterstützen. Allein schon aufgrund meiner Statur bin ich nicht der Typ für krachende Checks“, ergänzt Nick.
Das Beste verpasst
Warum das keine verkehrte Selbsteinschätzung ist? Das erklärt ein Blick auf Nicks Knöchel. „Ich habe mir beim Versuch, den Gegner zu checken, im Januar das Sprunggelenk gebrochen und das Syndesmoseband gerissen.“ So fehlte Nick, im Übrigen großer Fan von Mamas tschechischer Hausmannskost, in der entscheidenden Phase der vergangenen Spielzeit auf dem Weg zur Jungadler-Meisterschaft. „Klar war das hart. Aber der Gewinn war trotzdem ein unschlagbares Gefühl. Vor allem, weil das Jahr zuvor überhaupt nicht nach unserem Geschmack verlaufen ist. Für uns als Mannschaft gab es keine andere Option als den Titel in diesem Jahr zu holen“, hat Nick gemeinsam mit seinen Jungs auch diese Charakterfrage bestanden. Bleibt bei so viel eigener Willensstärke noch die Frage, zu wem Nick aufschaut. „So ein richtiges Vorbild habe ich gar nicht. Dazu schaue ich zu wenig Eishockey und auch Sport im Allgemeinen. Ich möchte die Sachen dann schon selbst erleben. Am ehesten entspricht vielleicht Cale Makar meinem Stil.“
Während Makar längst zu den gestandenen Größen in der NHL zählt, befindet Nick sich noch immer in der Reha. Der 1,87 Meter große und 74 Kilogramm schwere Linksschütze hat für die neue Saison auch eine Lizenz für den DEL2-Club aus Regensburg. „Ich muss einfach schauen, wie ich nach meiner Verletzung zurückkomme. Ich stehe nach einem halben Jahr Abstinenz gerade erst wieder auf dem Eis. Wenn ich wieder bei 100 Prozent bin, will ich in Regensburg um meinen Platz, um meine Eiszeit kämpfen, einfach mein Bestes geben und dann sehen, wie es weitergeht“, nimmt es Nick, wie es kommt. Mal wieder. Er macht sich keinen Druck oder setzt sich überzogene Ziele. Es passt zu Nicks Art. Und das, obwohl er doch von sich selbst behauptet, keine typischen Charakterzüge zu haben.
Quelle: www.adler-mannheim.de