Tiefensee: „Das ging schon alles irre schnell“
Erstellt von compoundbow83 am 25.07.2025 15:13:31 Uhr | Kategorie Adler Mannheim
Im Alter von 15 Jahren entschied sich Arno Tiefensee, von zuhause auszuziehen. Zwei Jahre später kam er nach Mannheim, überzeugte bei den Jungadlern, machte nur eine Saison später seine ersten Profi-Erfahrungen und gehörte seit der Spielzeit 2022/23 fest zum Adler-Kader. Ab September geht die Reise für den gerade einmal 23-Jährigen in Nordamerika weiter. Im Interview spricht der großgewachsene Schlussmann unter anderem über seine Entwicklung, die mentale Herausforderung und das Zusammenspiel mit Felix Brückmann.
Arno, keinen unerheblichen Teil deiner noch jungen Karriere hast du bei uns in Mannheim verbracht. Wie hast du die vergangenen Jahre erlebt?
Es ist unglaublich, was in dieser Zeit alles passiert ist. Beispielsweise eine Pandemie, mit der niemand gerechnet hat. Als Spieler und Mensch habe ich mich natürlich verändert, weiterentwickelt, habe in den vergangenen sechs Jahren gute 15 Kilo zugenommen. (lacht) Ich bin mit dem Vorhaben nach Mannheim gekommen, mich in einer der besten Nachwuchsorganisationen zu etablieren. Da war noch nicht daran zu denken, kurz darauf einen Profi-Vertrag zu unterschreiben. Das ging schon alles irre schnell. Ich bin sehr dankbar, dass ich in Heilbronn und Mannheim das Vertrauen geschenkt bekommen habe. Durch die Einsätze konnte ich mein Spiel immer weiter verbessern. Natürlich hat sich auch eine gewisse Routine eingestellt. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie nervös ich vor meinem ersten Einsatz gegen Nürnberg war. Beim Warmup habe ich nicht einen Schuss gehalten. (lacht) Inzwischen weiß ich einfach, was von mir erwartet wird, was ich tun muss. Ich kenne die Abläufe, die Jungs. Ich weiß, was es braucht, um Erfolg zu haben und wie man mit Rückschlägen umgeht.
Welche Rolle haben Felix Brückmann und Torwarttrainer Petri Vehanen gespielt?
Auf der Torhüterposition kann immer nur einer spielen. Das sind keine leichten Grundvoraussetzungen für die Schlussmänner untereinander. Gott sei Dank bin ich mit Felix von meinem ersten Tag an sehr gut ausgekommen. Ob es im Sommertraining war, auf dem Eis oder im Spiel. Wir haben uns gegenseitig unterstützt, uns viel ausgetauscht, hatten viel Spaß zusammen. Felix hat dieselbe Sicht aufs Spiel wie ich, er hatte einen ähnlichen Weg zum Profi wie ich und hatte seinerzeit in Freddy Brathwaite einen Mentor, weswegen er genau weiß, wie hilfreich eine helfende Hand ist. Natürlich hat man mal seine Meinungsverschiedenheiten, diskutiert manche Szenen, aber immer konstruktiv. Dasselbe gilt für die Zusammenarbeit mit Petri. Es gibt nicht umsonst den Spruch „Ein guter Torhüter macht 50 Prozent des Teams aus, ein schlechter 100 Prozent“. Daher ist die Arbeit mit einem Torwarttrainer immens wichtig. Dabei geht es auch viel ums Mentale. Es gab Tage, da hatte ich vielleicht zu viel Spaß im Training. (lacht) Petri hat mir dann klargemacht, dass es vielleicht besser ist, wenn ich mich wieder konzentriere.
Du hast das Mentale bereits angesprochen. Torhüter haben durchaus eine Sonderstellung im Team. Sie spielen meist durch, ein kleiner Fehler macht sich oft in einem Gegentor bemerkbar. Wie gehst du mit diesem Druck und dieser speziellen Situation um?
Grundsätzlich ist das ein Prozess. Ich war im frühen Nachwuchsalter ein lauter Torhüter, der sich nach Gegentoren oder Fehlern aufgeregt, sogar hin und wieder den Schläger geschmissen hat. Ein Camp mit Jon Elkin, damals Torwarttrainer von Matt Murray, hat das geändert. Er hat mir erklärt, dass es wichtig ist, dass ich ruhig bleibe, auf einem gewissen Level bleibe. Bei negativen Dingen darf man sich nicht zu sehr runterziehen lassen, bei positiven nicht abheben. Je besser einem das gelingt, desto mehr Vertrauen bekommen die Mitspieler in dich. Daneben brauchst du ein gewisses Selbstvertrauen in deine eigenen Stärken. Ansonsten wird es sehr schwierig. Im Spiel selbst musst du Dinge schnell abhaken können. Es ist passiert, lässt sich nicht mehr ändern. Alles andere wird im Nachgang besprochen und analysiert. Das Wichtigste ist letztlich, einfach immer sein Bestes zu geben.
Das eine ist deine Rolle auf dem Eis und fürs Team. Daneben bringt deine Position als Person des öffentlichen Lebens aber auch mit sich, dass man von anderen Menschen als Vorbild wahrgenommen wird. Und das inzwischen seit einigen Jahren, obwohl du selbst noch recht jung bist. Bist du dir dieser Verantwortung bewusst?
Ich versuche immer, ich selbst zu bleiben, mich nicht zu verstellen oder zu verändern. Natürlich will ich auch Vorbild sein, mit gutem Beispiel vorangehen, die richtigen Dinge tun. Trotzdem ist es manchmal ein komisches Gefühl, wenn die ganze Arena deinen Namen ruft, du zum Feiern in die Kurve kommen sollst oder du Fans mit deinem Trikot siehst. Das hätte ich mir noch vor ein paar Jahren nicht erträumen können. Das ist schon Wahnsinn.
Nun steht der nächste Schritt in deiner Karriere an. Ab September geht es für dich in die NHL-Organisation der Dallas Stars. Bist du ähnlich nervös wie vor deinem ersten DEL-Einsatz?
Nein, aktuell gar nicht. Das wird aber sicher noch kommen. Momentan ist das alles immer noch etwas surreal. Ich war vor kurzem zum dritten Mal beim Development Camp der Stars, und das war wieder eine sehr wertvolle Erfahrung. Es war schön, einige bekannte Gesichter zu sehen, aber auch ein paar neue Jungs kennenzulernen. Daneben habe ich quasi wöchentlich Kontakt zu den Stars. Wir stehen in regelmäßigem Austausch. Als nächstes werde ich mich um ein Visum bemühen, danach eine Wohnung suchen, ehe dann im September Rookie und Main Camp anstehen. Ich will mich während meiner Zeit in Nordamerika wieder weiterentwickeln, will mich der neuen Belastung durch die höhere Spielanzahl in kürzerer Zeit und die längeren Auswärtsfahrten stellen. Auch das Leben in einem fremden Land mit fremder Sprache, fremder Kultur wird sicher die eine oder andere Herausforderung mit sich bringen.
Quelle: www.adler-mannheim.de